Demonstranten umarmen Sicherheitskräfte
Proteste in Weißrussland: Wende um toten Demonstranten - kam er doch ganz anders ums Leben?
Die jüngsten Proteste gegen die umstrittene Präsidentenwahl in Belarus sollen weitgehend friedlich gewesen sein - das sind die Mittel der Demonstranten.
- Seit der Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko gehen Menschen in Weißrussland gegen Fälschungen bei der Stimmzählung auf die Straße.
- Die weißrussische Polizei geht brutal gegen die Demonstrierenden vor.
- Die Anhänger der Opposition verwenden bei den Protesten eine ganze Reihe an Symbolen.
Minsk - Im Zusammenhang mit den Protesten gegen Staatschef Alexander Lukaschenko sind bislang zwei Menschen ums Leben gekommen, fast 7000 Menschen wurden festgenommen. Mit einer Schweigeminute haben Tausende Menschen in Minsk am Samstag an einen Demonstranten erinnert, der bei den Protesten in Belarus (Weißrussland) gestorben ist. Viele legten in der Hauptstadt Blumen nieder und entzündeten Kerzen - oder knieten an dem Unglücksort nieder.
Nach Darstellung der Behörden soll in der Hand des 34-Jährigen ein Sprengsatz explodiert sein, den er auf Sicherheitskräfte habe werfen wollen. Viele Menschen glauben dieser Version nicht. Ein Augenzeuge sagte dem Portal tut.by, der Mann sei am Montag auf die Polizisten zugelaufen, es habe keine Explosion gegeben. Dem Vater des 34-Jährigen soll es demnach auch nicht gestattet worden sein, seinen Sohn in der Leichenhalle ein letztes Mal zu sehen.
Auslöser der Proteste war die von massiven Fälschungsvorwürfen überschattete Präsidentenwahl am vergangenen Sonntag. Sie gingen auch an diesem Samstag weiter - dabei benutzen die Anhänger der Opposition eine ganze Reihe an Symbolen:
Proteste in Weissrussland: Weiße Kleidung und Armbänder
Weiß ist die Farbe der Opposition. Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja ist häufig in weiß gekleidet. Sie rief bei der Präsidentschaftswahl ihre Anhänger auf, weiße Armbänder zu tragen, die für „Ehrlichkeit“ stehen sollen. Stolz hielten deshalb an den Wahllokalen zahlreiche Wähler ihre Exemplare aus Stoff oder Plastik in die Kameras der Reporter. Zehntausende Menschen formierten sich bereits im ganzen Land als Menschenketten, um gegen Polizeigewalt zu demonstrieren - viele trugen dabei Weiß als Farbe des Friedens.
Manche kombinieren weiß mit rot, die Farben der ehemaligen Flagge der belarussischen Volksrepublik von 1918 und des unabhängigen Belarus von 1991 bis 1995. Die Flagge ist zum Symbol des Kampfes für Demokratie geworden - anders als die von Lukaschenko 1995 eingeführte rot-grüne Flagge, die stark an die Symbolik der Sowjetzeit erinnert.
Proteste in Weissrussland: Blumen und Luftballons
Viele weibliche Demonstranten tragen als Zeichen ihrer friedlichen Absichten Blumen und Luftballons - oft in weiß oder rot. Einige überreichten sie bei Demonstrationen an Mitglieder des gefürchteten Spezialeinsatzkommandos Omon. Diese in schwarz gekleideten Polizisten sind dafür bekannt, mit Schlagstöcken und Tritten gegen Demonstranten vorzugehen.
Saturday peace protest near the #Belarus Embassy in Moscow. Beautiful women of different age singing songs and holding flowers pic.twitter.com/ZbMOAXWiVa
— Polina Chernitsa_RIA (@PChernitsa_RIA) August 15, 2020
Proteste in Weissrussland: Faust, Herz und Siegeszeichen
Die drei Anführerinnen der Opposition, Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Weronika Zepkalo, haben drei Gesten populär gemacht: Auf Wahlplakaten und Versammlungen hob Tichanowskaja die Faust, Kolesnikowa formte mit ihren Händen ein Herz und Zepkalo spreizte die Finger zum "V" für Victory (Sieg). Es sind Trotzgesten, die viele Demonstranten in Minsk übernommen haben.
Proteste in Weissrussland: Hymne
Ein kurz vor dem Fall der Mauer veröffentlichter Song des russischen Rockstars Viktor Zoi ist die Hymne der Opposition geworden. Das Lied „Perenem“ (Veränderungen) erschallt bei vielen Demonstrationen aus Handylautsprechern und wird lautstark mitgesungen. Die belarussischen Behörden haben das Lied als „subversiv“ eingestuft.
Als zwei DJs es bei einem Pro-Regierungskonzert abspielten, wurden sie Medienberichten zufolge wegen „Ungehorsams“ und „Rowdytums“ zu zehn Tagen Haft verurteilt. (AFP/dpa/frs) *Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.
Die schwierige Lage in Weißrussland wird auch ein Thema des Treffens der EU-Außenminister sein, wie bereits im Voraus angekündigt wurde.