Coronavirus: Bonner Virologe Streeck leitet zweite „Heinsberg-Studie“ - darum geht es jetzt
Das Land NRW finanziert zur Erforschung des Coronavirus‘ die Fortsetzung der „Heinsberg-Studie“ von Virologe Prof. Dr. Hendrik Streeck - mit diesem Schwerpunkt.

- Das Land NRW und die Universität Bonn setzen die „Heinsberg-Studie“ zum Coronavirus* fort.
- Virologe Prof. Dr. Hendrik Streeck leitet auch dieses langfristig angelegte Forschungsprojekt.
- Ein Schwerpunkt der Studie ist die Frage der Immunität von einmal infizierten Personen.
Bonn - Er ist als Leiter des Institutes für Virologie am Universitätsklinikum Bonn (NRW) bei Politik und Medien nach wie vor einer der gefragtesten Experten in Sachen Coronavirus: Prof. Dr. Hendrik Streeck.
Hendrik Streeck | |
Beruf: | Professor für Virologie, HIV-Forscher |
Geboren: | 7. August 1977 in Göttingen |
Ausbildung: | Charité – Universitätsmedizin Berlin, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn |
Veröffentlichungen (Auswahl): | Einfluss einer antiretroviralen Frühtherapie während der akuten HIV-1-Infektion auf den klinischen, virologischen und immunologischen Verlauf der HIV-1-Erkrankung - Dissertation; Bug Attack. The Adventures of Damien the CD4 Cell & his Friends (Kinderbuch) |
Der 42-Jährige war derjenige, den das Land Nordrhein-Westfalen im Frühjahr damit beauftragte, die Ausbreitung des Coronavirus‘ Sars-CoV-2 im Kreis Heinsberg genauer zu erforschen. Diese Studie sorgte für Aufsehen, aber auch für Kritik an der Methodik und der Begleitung durch eine PR-Agentur. Sogar mit einer Anzeige hatte es Hendrik Streeck zu tun.
In der Heinsberger Gemeinde Gangelt, die mit zahlreichen Ausbrüchen nach einer Karnevalssitzung als Epizentrum in NRW und als einer der ersten Hotspots in Deutschland gilt, untersuchte Streeck vor allem die Sterblichkeitsrate der Infektion. Die lag in Gangelt bei 0,37 Prozent. 15 Prozent der Menschen in der Gemeinde wurden nach dem Ausbruchsereignis auch tatsächlich infiziert, 22 Prozent dieser Menschen blieben völlig ohne Symptome.
Heinsberg-Studie von Virologe Streeck: Das waren die Ergebnisse im Mai
Nicht weniger erstaunlich: In den untersuchten Mehrpersonen-Haushalten in der Gemeinde in Nordrhein-Westfalen war das Risiko für die Ansteckung einer weiteren Person überraschend gering. „Die Infektionsraten sind bei Kindern, Erwachsenen und Älteren sehr ähnlich und hängen offenbar nicht vom Alter ab“, so Streeck. Es gebe auch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Insgesamt 1007 Studienteilnehmer aus 405 Haushalten waren vom 30. März bis 6. April 2020 sechs Wochen nach dem Ausbruch der Infektion in Gangelt in NRW von den Bonner Forschern befragt und getestet worden. Die Wissenschaftler nahmen dabei unter anderem Rachenabstriche und Blutproben, ließen sich Fragebögen zum Virus ausfüllen. Am 4. Mai wurden die Ergebnisse veröffentlicht.
Heinsberg-Studie von Virologe Streeck: Kein Nachweis für Immunität
Sicher ist: Zwei bis drei Wochen nach der Infektion bildet das Immunsystem Antikörper gegen das Virus. Und damit zum Schwerpunkt der Fortsetzung der „Heinsberg-Studie“ durch Prof. Dr. Hendrik Streeck:
Der Bonner Virologe und sein Team werden untersuchen, ob einmal infizierte Menschen gegen erneute Infektionen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 immun sind. Bislang sei das noch nicht erwiesen. Das gab die Universität Bonn bekannt, wie WA.de* berichtet.
Heinsberg-Studie von Virologe Streeck: Kein Ort besser geeignet
„Es gibt keinen anderen Ort in Deutschland, wo wir bereits mit so großer Präzision das Infektionsgeschehen und die Immunität bestimmt haben. Hiervon ausgehend können wir nun bestimmen, ob die Personen, die Antikörper haben, auch wirklich immun sind“, erklärt Hendrik Streeck, der (nicht nur) für Deutschland eine zweite und dritte Corona-Welle befürchtet.
Die Kosten von rund 800.000 Euro für die Folgestudie, die „in Kürze“ starten soll, übernimmt nach Angaben der Universität Bonn erneut das Land Nordrhein-Westfalen. Sie ist als sogenannte Längsschnittstudie angelegt und umfasst einen Zeitraum bis Mai 2021. Unter anderem sollen dabei alle bereits getesteten Personen im Abstand von mehreren Monaten erneut untersucht werden.
Heinsberg-Studie von Virologe Streeck: Das ist seine Hypothese
„Durch die schrittweise Lockerung der bisherigen Maßnahmen und den für endemische Coronaviren üblichen Wettereffekt erwarten wir spätestens im Herbst einen Wiederanstieg der Neuinfektionen“, sagte Prof. Dr. Hendrick Streeck.

Deren Verlauf wolle man klären. Seine Hypothese: Die mutmaßliche Teilimmunität in der Gemeinde könnte das Infektionsgeschehen verlangsamen - im Vergleich zu Orten, an denen deutlich weniger Menschen mit dem Virus Kontakt hatten.
Heinsberg-Studie von Virologe Streeck wichtig für politische Entscheidungen
Karl-Josef Laumann, Gesundheitsminister in NRW, sagte zur erneuten Zusammenarbeit in Düsseldorf: „Wir haben bereits aus der ersten Untersuchung zur besonderen Ausbruchskonstellation in Gangelt viele Erkenntnisse erhalten, die gerade zum Anfang des Geschehens von besonderer Bedeutung waren. Jetzt ist es wichtig herauszufinden, wie sich das Virus weiterverbreitet und ob es eine Immunität gibt. Das sind ausschlaggebende Faktoren, um unsere politischen Entscheidungen treffen zu können. Ich freue mich sehr, dass eine weitere so wichtige Studie in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wird und das Land einen Beitrag zur Erforschung des Coronavirus beitragen kann“
Viele Aspekte der Sars-CoV-2-Infektion sind nach Angaben der Universität Bonn noch unerforscht: „So ist unklar, ob Individuen durch Antikörper gegen das Virus vor erneuten Infektionen geschützt sind und ob eine erhöhte Zahl überwundener Infektionen in der Bevölkerung einen bremsenden Einfluss auf das Infektionsgeschehen hat. Das Bonner Forschungsteam will dazu mit einer Längsschnittstudie neue wissenschaftliche Erkenntnisse sammeln.“
Heinsberg-Studie von Virologe Streeck: Infektionswege in Familien im Visier
Die Forscher um Prof. Dr. Hendrik Streeck hatten im Kreis Heinsberg festgestellt, dass jede fünfte nachgewiesene Infektion ohne Krankheitssymptome abgelaufen ist. Eben vor diesem Hintergrund wollen sie nun auch untersuchen, ob einmal infizierte Menschen gegen erneute Infektionen mit Sars-CoV-2 immun sind.
Außerdem erhoffen sie sich Erkenntnisse zu Infektionswegen in Familien. Dazu sollen zusätzliche Probanden erfasst werden, um die bestehende Datenbasis zu verbreitern. - *WA.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerkes