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Heidelberg: Nur 6 Stadtteile zahlen ‒ Anwohner-Parkgebühren „nicht ganz gerecht“

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Von: Florian Römer

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Gebühren für Anwohner-Parkausweise in Heidelberg steigen 2022 deutlich an.
Gebühren für Anwohner-Parkausweise in Heidelberg steigen 2022 deutlich an. © Patrick Pleul/dpa/Florian Römer/Montage HEIDELBERG24

Heidelberg - Es ist wohl der umstrittenste Tagesordnungspunkt der Gemeinderatssitzung: Anwohner-Parkausweise werden 2022 deutlich teurer. Was das Gremium beschlossen hat:

Über eine Stunde diskutiert der Gemeinderat Heidelberg am Donnerstag (9. Dezember) über die Anhebung der Anwohner-Parkgebühren. Nach einer knappen Abstimmung steht fest: Anwohner in Gebieten mit Parkraum-Bewirtschaftung zahlen ab 1. Januar 2022 deutlich mehr für ihre Parkausweise. 22 Stadträte der Grünen, GAL, BL, Björn Leuzinger (Partei) und Bernd Zieger (Linke) sowie Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner stimmen für eine Anhebung auf 120 Euro pro Jahr. 19 Gemeinderäte von CDU, SPD, FDP, Heidelberger, FW und AfD votieren dagegen. Sahra Mirow (Linke) enthält sich. Von der Erhöhung sind Inhaber des „Heidelberg-Pass“ und des „Heidelberg-Pass-Plus“ ausgenommen. Sie zahlen weiterhin die Bearbeitungsgebühr von 36 Euro.

StadtHeidelberg
Einwohnerzahl161.485 (Stand: 31. Dez. 2019)
Fläche108,84 km²
OberbürgermeisterProf. Dr. Eckart Würzner (parteilos)
Zugelassene Kfz im Stadtgebiet60.967 (April 2021)

Rund 1,65 Millionen Euro will die Verwaltung kommendes Jahr mit Parkausweisen einnehmen. Die Finanzmittel sind im kommenden Haushalt auch schon fest eingeplant.

Anwohner-Parken in Heidelberg teurer - Würzner: „Nicht ganz korrekt“

Den Auftrag einer Gebührenerhöhung habe die Verwaltung „noch nicht vollumfänglich erfüllt“, stellt Rathauschef Würzner vor der Abstimmung klar. Es sei „nicht ganz gerecht, dass manche Stadtteile betroffen sind, andere nicht.“ Von der Erhöhung sind nur die Stadtteile betroffen, in denen es schon Anwohner-Parkzonen gibt: Altstadt, Bergheim, Handschuhsheim, Neuenheim, Weststadt und Rohrbach. In den neun anderen Stadtteilen können Anwohner zumindest 2022 noch kostenfrei parken. In manchen Stadtquartieren wie Handschuhsheim könne man wie in der Altstadt gar nicht auf Parkhäuser ausweichen und Stellplätze mieten, so das Stadtoberhaupt. „Da sind wir nicht ganz korrekt.“ Aber die Verwaltung könne für die Gebühren nur auf die Parkräume Bezug nehmen, in denen bereits Anwohner-Parken ausgewiesen ist.

 Es ist auch nicht ganz gerecht, in dem Sinne, dass manche Stadtteile betroffen sind, andere nicht. 

Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner zur Gebührenerhöhung

Ohnehin werden die Nutzungskonflikte um den öffentlichen Raum künftig zunehmen, prognostiziert Würzner. Erklärtes Ziel der Stadt sei es, Park-Flächen für Kfz weiter reduzieren, um sie perspektivisch für weitere Grünflächen, Radwege, Bewegungsräume oder Spielräume für Kinder zu nutzen. Einen ersten Schritt glaubt man in Heidelberg mit der Erhöhung der Anwohner-Parkgebühren gehen zu können. Diese soll Kfz-Halter dazu bringen, ihr Auto bestenfalls abzumelden oder zumindest im eigenen Hof oder in der eigenen Garage zu parken.

Heidelberg: Was laut Stadträten für die Erhöhung der Anwohner-Parkgebühren spricht

Höhere Anwohner-Parkgebühren seien eine „Frage der Gerechtigkeit“, erklärt Grünen-Fraktionsvize Christoph Rothfuß. Die Inanspruchnahme des öffentlichen Raums werde überall bepreist, in der Außengastronomie oder bei Marktständen. Nur bei Autos sei das bislang nicht so. 120 Euro im Jahr oder „33 Cent pro Tag kann jeder aufbringen“, ergänzt Michael Pfeiffer (GAL). Er ärgert sich darüber, dass die Stadtverwaltung erst im kommenden Jahr ein gesamtstädtisches Konzept zum Anwohner-Parken erarbeiten will. Die Ausweitung auf alle anderen Stadtteile sei „nicht nur aus Gerechtigkeitsgründen unabdingbar“, findet auch Judith Marggraf (GAL). Es sei eben nicht selbstverständlich, dass Besitzer eines privaten Fahrzeugs ihr Kfz kostenfrei im öffentlichen Raum abstellen können. Wenn man jetzt diejenigen, die im öffentlichen Raum parken, mit 120 Euro pro Jahr beteilige, „ist das nur fair.

Jeder, der es mit Klimaschutz ernst meine, müsse sich über die Diskussion wundern, sagt Derek Cofie-Nunoo, Fraktionsvorsitzender der Grünen. „Wir müssen den ÖPNV attraktiver machen. Ja ‒ aber wie wollen wir das bezahlen?“ Mit der „moderaten Erhöhung“ der Parkgebühren für Anwohner habe man jetzt einen Einstieg. Zudem habe man diesen Punkt auch im Klimaschutzaktionsplan verabschiedet. „Wenn wir im Verkehr keine CO2-Einsparungen erreichen, haben wir das Spiel verloren“, mahnt Arnulf Weiler-Lorentz. Diverse Studien zeigten zudem, dass die „Gesamtheit der Bevölkerung die Autofahrer subventioniert“, so der Stadtrat der Bunten Linken. Niemand werde „nicht zur Arbeit kommen, weil er 10 Euro pro Monat für Parkgebühren zahlen muss“, meint Weiler-Lorentz.

Was andere Stadträte gegen die Gebührenerhöhung für Anwohnerparken vorbringen

Die Maßnahme habe keinen ökologischen Lenkungseffekt, findet indes Dr. Jan Gradel. Es sei irrig, zu glauben, dass jemand sein Auto abschafft, weil die Stadt die Parkgebühren erhöht, so der Fraktionsvorsitzender der CDU: „Wer ein Auto hat, ist darauf angewiesen.“ „Durch diese Maßnahme wird kein einziges Auto weniger auf der Straße stehen“, ist sich auch Larissa Winter-Horn (Heidelberger) sicher. Der ÖPNV müsse eine echte Alternative zum Auto werden, Quartiersgaragen könnten helfen, dass weniger Fahrzeuge im öffentlichen Raum parken. Dass die Einnahmen bereits im Haushalt eingeplant sind, könne kein Argument sein, „jetzt hier die Bürger zu schröpfen“, sagt Sven Geschinski (AfD).

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Autohalter beteiligen sich über Kfz-, Mineralöl- und Mehrwertsteuer bereits an der öffentlichen Infrastruktur, argumentiert Michael Eckert (FDP). „Was zahlen eigentlich Radfahrer, Lastenradfahrer, Elektroroller-Fahrer, die Straßen und vor allem Gehweg intensivst und vor allem rechtswidrig nutzen? Nichts.Parkende Fahrzeuge seien ein Ärgernis, so Eckert, aber kein „Umweltproblem ‒ die verbrauchen nämlich keinen Sprit und erzeugen keine Abgase.“ Mit den Parkgebühren setze man an der falschen Stelle an.

Wenn der öffentliche Raum nicht kostenlos ist, warum bitten wir dann ausgerechnet die zur Kasse, die jetzt ja schon etwas dafür bezahlen?

Prof. Dr. Anke Schuster (SPD)

Was hier vorgeschlagen wurde, ist unüberlegt und überhastet“, kritisiert Sören Michelsburg (SPD). Die Gebührenerhöhung werde nicht dazu führen, „dass Autos abgemeldet werden und auf den ÖPNV umgestiegen wird“. Park-Probleme in Heidelberg, wie Gehweg- oder Besucherparken würden nicht angegangen. Zur Verkehrswende führe die Maßnahme auch nicht. „Wenn der öffentliche Raum nicht kostenlos ist, warum bitten wir dann ausgerechnet die zur Kasse, die jetzt ja schon was dafür bezahlen?“, fragt SPD-Fraktionsvorsitzende Prof. Dr. Anke Schuster. Das eigentliche Motiv für die Erhöhung sei, dass man Einnahmen für „liebsame Projekte“ im kommenden Haushalt brauche. „Dann soll man das bitte hier so sagen und nicht so tun, als ob man damit die CO2-Reduzierung in Heidelberg realisiert“, fordert Schuster. (rmx)

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