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Dank Corona-Studie aus Heidelberg: Kitas dürfen bald wieder öffnen

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Von: Florian Römer

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In Baden-Württemberg wird untersucht, ob sich Kinder mit Corona infizieren können – und ob sie trotzdem ansteckend sind. Ein Interview mit Studienleiter Prof. Hoffmann:

Update vom 26. Mai: „Spätestens Ende Juni sollen Kindergärten wieder vollständig öffnen“, so Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Man wolle jetzt mit Kommunen und Trägern schnellstmöglich einen Rechtsrahmen erarbeiten. Ausschlaggebend seien erste Erkenntnisse der landesweiten Studie zu Kindern und dem Coronavirus, die von der Uniklinik Heidelberg geleitet wurde. Die Studie wurde von der Landesregierung in Auftrag gegeben, um eine wissenschaftliche Basis für die politischen Entscheidungen zu schaffen bezüglich des weiteren Vorgehens im Hinblick auf die Öffnung von Kitas und Grundschulen.

Aufgrund der hohen Dringlichkeit und der ganz besonderen Belastung von Eltern und Kindern hat Ministerpräsident Kretschmann die federführende Universitätsklinik Heidelberg gebeten, ihm – wenn möglich und wissenschaftlich vertretbar – bereits erste belastbare Zwischenergebnisse mitzuteilen. Dieser Bitte wurde am Montag (25. April) mit Betonung darauf, dass die finalen Auswertungen noch ausstehen, entsprochen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will erste Ergebnisse der Studie am Dienstag (26. Mai) in Stuttgart vorstellen.

Der Studie nach spielen Kinder bis 10 Jahren bei der Verbreitung von Corona nur eine „untergeordnete Rolle“. Auch an einem Konzept für die weitere Öffnung von Grundschulen soll jetzt gearbeitet werden. Wie ein Sprecherin des Universitätsklinikums Heidelberg mitteilt, werden die endgültigen Daten mit entsprechender Information zum methodischen Arbeiten vorgestellt, sobald die Arbeiten abgeschlossen sind. Demnach stellen „Kinder keine Treiber des Infektionsgeschehens“ dar.

Alle weiteren Entwicklungen zur Corona-Pandemie in Baden-Württemberg liest Du ab sofort in unserem neuen News-Ticker.

Corona-Studie: Kinder an Covid-19 erkrankt – aber sind sie ansteckend? 

Erstmeldung vom 28. April: Infizieren sich weniger Kinder mit dem Coronavirus und erkranken auch nicht so schwer? Diesen Schluss legt eine Studie aus Island nahe, die vor wenigen Wochen für Aufsehen sorgte. Auch die aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts (Stand: 28. April) zeigen: Unter den knapp 160.000 Corona-Fällen in Deutschland sind nur 2.600 Kinder unter zehn Jahren - also nur 1,7 Prozent aller Infizierten

Wasser auf die Mühlen vieler Eltern, die ein Ende der flächendeckenden Schließung von Kitas, Kindergärten und Grundschulen fordern. Allerdings geht eine aktuelle Studie des Virologen Christian Drosten und der Charité davon aus, dass Kinder mit Corona genauso ansteckend sind wie Erwachsene. 

Corona unter Kleinkindern - öffnet diese Studie Kitas und Grundschulen?

Seit 23. April führt das Land Baden-Württemberg unter Federführung des Universitätsklinikums Heidelberg eine landesweite Untersuchung zu Corona unter Kleinkindern durch. Auch die Unikliniken Tübingen, Ulm und Freiburg sind beteiligt. Wie werden die Tests durchgeführt? Wer wird getestet? Wann ist mit ersten Ergebnissen zu rechnen? Prof. Dr. Georg Hoffmann, Leiter der Heidelberger Kinderklinik, erklärt im Gespräch mit HEIDELBERG24, worum es in der Studie geht, die vom Land mit 1,2 Millionen Euro finanziert wird.

Prof. Dr. Georg Hoffmann ist Leiter der Kinderklinik am Universitätsklinikum Heidelberg.
Prof. Dr. Georg Hoffmann ist Leiter der Heidelberger Kinderklinik. © Uniklinikum Heidelberg

Corona und Kleinkinder - 2.000 Paar-Tests in Baden-Württemberg 

HEIDELBERG24: Prof. Dr. Hoffmann, können Sie uns einen kurzen Überblick zur Studie geben?

Prof. Hoffmann: In der Studie, die wir momentan in Baden-Württemberg durchführen, geht es um die Frage, ob Kinder anders infiziert sind und weniger krank werden als Erwachsene. Dazu testen wir derzeit im Land 2.000 Paare, also 2.000 Kinder und einen dazu gehörenden Elternteil. Die Tests sollen ergeben, ob Kinder und Erwachsene aktuell mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert sind oder es bereits waren. Wir haben vor einer Woche (Anm. d. Red.: 23. April) einen Aufruf gestartet, dass wir Testpaare suchen, also ein Elternteil mit Kind.

Welche Voraussetzungen gibt es für potenzielle Testpaare? 

Es sollte keine bekannte Corona-Erkrankung in diesem engsten Familienkreis geben. Zudem sollten es keine chronisch kranken Kinder sein, die wir auch sonst in der Kinderklinik behandeln.

Corona und Kleinkinder - warum werden Kinder unter zehn Jahren getestet?

Welche Altersstufe soll getestet werden?

Wir wollen Kinder im Alter zwischen einem und zehn Jahren testen, keine Babys. 

Warum gerade diese Altersstufe? 

Die Studie hat einen gesellschaftlichen Hintergrund und ist von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und seinen Beratern initiiert worden. Mit der Untersuchung hoffen wir, aktuell drängende Fragen um die Öffnung von Kitas, Kindergärten und Grundschulen beantworten zu können - deshalb der Fokus auf die kleineren Kinder bis zehn Jahre. Bislang ging man davon aus, dass gerade kleine Kinder als Inkubatoren fungieren: Sie haben in ihren sozialen Leben über Kitas, Schulen oder Freunde viel Kontakt mit anderen, stecken sich an und tragen das dann in die Familien weiter.

Wieso geht man davon aus, dass Kinder besonders ansteckend sein können?

Derzeit wissen wir noch nicht, wie viel Virus Kinder ausscheiden, wenn sie krank sind und wie lange. Insbesondere dann, wenn sie keine Symptome haben. Wir wissen, dass Kinder bei Grippe besonders infektiös sind. Deshalb gibt es die Sorge, dass es bei Corona genauso sein könnte.

Corona unter Kleinkindern - wie läuft der Paar-Test ab?

Wie ist die Resonanz auf Ihre Suche nach Testpersonen für die Studie?

Die Überraschung war, dass wir gar nicht hinterher kamen mit Telefonieren. Momentan haben wir noch rund 2.000 E-Mails, die wir bislang noch nicht abarbeiten konnten. Auch an den anderen Standorten ist die Resonanz riesengroß. Selbst aus Berlin, Brandenburg oder Schleswig-Holstein haben sich Menschen gemeldet, die bei der Studie mitmachen wollen. Wir brauchen aktuell keine weiteren Test-Paare. Allerdings würden wir uns darüber freuen, wenn sich noch Eltern melden, deren Kinder in der Notbetreuung sind. Diese können sich unter Iris.Schelletter@med.uni-heidelberg.de per Mail melden - am Besten mit „Notbetreuung“ im Betreff.  

Coronavirus - Leerer Kindergarten
Corona unter Kleinkindern - öffnet diese Studie Kitas und Grundschulen? (Symbolbild) © picture alliance/dpa

Wie läuft der Test ab und wie lange dauert er?

Der Test wird in der Kinderklinik durchgeführt. Zuerst gibt es ein Aufklärungsgespräch mit einem Arzt, anschließend werden zwei Proben genommen: ein Nasen-Rachen-Abstrich und eine Blutprobe. Momentan schaffen wir rund 60 Paar-Tests pro Tag. Ich glaube, in Ulm schaffen sie täglich sogar 70 Paar-Tests pro Tag. Im Schnitt brauchen wir für ein Test-Paar rund 20 Minuten. Wir arbeiten derzeit auch über die Feiertage und Wochenenden durch.

Studie zu Corona unter Kleinkindern - welche Proben genommen werden

Wieso nehmen sie sowohl Abstrich als auch Blutprobe?

Über den Abstrich können wir bestimmen, ob jemand akut mit dem Coronavirus infiziert ist. Mit den Bluttests lässt sich erkennen, ob eine Testperson bereits am Coronavirus erkrankt war. Das lässt sich über Antikörper nachweisen. Allerdings gibt es da im niedrigen Prozentbereich Menschen, die bereits Antikörper gegen ein Coronavirus haben, allerdings nicht gegen das aktuelle Sars-CoV-2. Dafür gibt es spezielle Nachtests, die eine überstandene Covid-19-Erkrankung nachweisen zu können.

Wann sind die Ergebnisse des Tests da?

Bei Abstrichen liegen die Ergebnisse nach ein bis zwei Tagen vor. Zu den Blutproben liegt nach zwei bis drei Tagen ein Serumergebnis vor. Bei positiven Fällen kann die endgültige Auswertung über diverse Nachtests aber bis zu zwei Wochen in Anspruch nehmen.

Studie zu Corona unter Kleinkindern - wann mit Ergebnissen gerechnet wird

Gab es schon positive Corona-Tests?

Bislang hatten wir in Heidelberg im Rahmen der Studie noch keinen positiven Corona-Abstrich. Im Rahmen des Lockdowns wird man da aber wahrscheinlich wenig finden, vielleicht zwei oder drei. Deshalb haben wir darum gebeten, dass gerade Kinder, die in Notbetreuungen sind, als Testpersonen kommen. Sie waren mit anderen Kindern zusammen und lassen uns etwas besser in die Zukunft projizieren, was passiert, wenn wir jetzt die Maßnahmen für Kitas, Kindergärten und Grundschulen wieder lockern.

Wann werden Ergebnisse zur Studie vorliegen?

In der kommenden Woche werden wir unsere 500 Paar-Tests in Heidelberg durchgeführt haben. An den anderen Standorten dürfte das auch bald beendet sein. Dennoch kann ich nicht genau sagen, wann Ergebnisse der Studie vorliegen - aber sicher in wenigen Wochen.

Kleinkinder wegen Corona nur selten im Krankenhaus

Unabhängig von der Studie - mussten an der Kinderklinik in Heidelberg schon Kinder wegen Corona behandelt werden?

Es ist ja bekannt, dass Kinder in der Regel nicht so schwer an Corona erkranken wie ältere Erwachsene. Bei uns musste noch kein Kind wegen Corona behandelt werden. Deutschlandweit waren es meines Wissens nach bislang etwas über 30 Kinder. Bei kleineren Kindern gibt es nur selten schwere Verläufe.

Welche Symptome treten bei Kindern auf?

Bei Kindern verhält es sich spiegelbildlich zu den Erwachsenen. Auch hier treten Kopfschmerzen, hohes Fieber, Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns oder Husten auf.

Auch Uniklinik Mannheim untersucht Corona-Kinder 

Bei Kindern verläuft eine Coronavirusinfektion oft symptomfrei. Jetzt wollen Forscher an der Universitätsmedizin Mannheim herausfinden, wie viele Kinder infiziert sind. Dabei bekommen sie prominente Unterstützung von Deutschlands bekanntestem Virologen, Christian Drosten.

Auch interessant: In Kupferzell, einem der sogenannten Corona-Hotspots in Baden-Württemberg, sollen rund 2.000 der knapp 6.000 Einwohner befragt und getestet werden. Der Ort ist einer von vier Schwerpunkten der Studie „Corona Monitoring lokal“ des Robert-Koch-Instituts (RKI).

Seit zwei Monaten sind die Schulen in Baden-Württemberg geschlossen. Sowohl Eltern als auch Kinder leiden sehr darunter. Jetzt fordert eine Elterninitiative aus Heidelberg die Öffnung aller Schulen und Kitas – und dafür gehen sie auf die Barrikaden und demonstrieren am Uniplatz. Ab Mitte Juni soll es in Heidelberg wieder für alle Kinder eine Nachmittagsbetreuung geben. Eltern und Kinder freuen sich – ganz im Gegensatz zu den Erziehern, die zur Risikogruppe gehören und jetzt um ihre Gesundheit bangen. (rmx)

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