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„Wie irre muss man sein?“ Flüchtlingszoff bei Illner-Talk um Merkels Erbe

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Von: Maximilian Kettenbach

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Illner-Talk im ZDF zum Thema Merkel-Nachfolge.
Illner-Talk im ZDF zum Thema Merkel-Nachfolge. © Screenshot ZDF

Maybrit Illner zum Thema der Woche: Dem angekündigten Rückzug von Kanzlerin Angela Merkel als CDU-Vorsitzende im Dezember und der Nachfolgefrage. Im Visier vor allem einer: Friedrich Merz. Eine hitzige Debatte im ZDF.

München - „Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem es keinen Gestaltungsergeiz mehr gibt“, sagt FDP-Chef Christian Lindner gleich zu Beginn der Sendung. Was er damit meint? Kanzlerin Angela Merkel soll nicht bloß den CDU-Vorsitz aufgeben, sondern zeitnah auch das Kanzleramt. Neuer Kanzler wäre dann wohl derjenige, den die CDU im Dezember zu ihrem Vorsitzenden wählt. Ernsthafte Chancen dürfen sich wohl drei Kandidaten machen: Merkel-Vertraute und Generalsekretärin der Partei Annegret Kramp-Karrenbauer sowie die als konservativ geltenden Jens Spahn, Gesundheitsminister, und Rückkehrer und einstmals Merkels Erzfeind, Friedrich Merz

„Streit um Merkels Erbe – die CDU sucht Kurs": Maybrit Illner wollte das Thema der Woche am Donnerstagabend im ZDF mit den Gästen Christian Lindner, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Bundestagsvizepräsident Hans-Peter Friedrich, Journalist Hajo Schumacher und Juli Zeh (Schriftstellerin) besprechen.

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„Merkel hat alle überrascht“, berichtet von der Leyen bei Illner

Von der Leyen berichtet sogleich über die Sitzung, in der Merkel mit der Ankündigung ihres Rückzugs „alle überrascht“ habe. Für die Ministerin eine richtige Entscheidung, die der „Partei Luft unter den Flügeln“ gebe. Lindner sieht das ähnlich: Egal, mit wem man derzeit im politischen Berlin spreche, sei diese Aufbruchsstimmung zu spüren. Journalist und Autor Schumacher spricht sogar von „Festtagen der Demokratie“. Und: „Man weiß nicht, wie es ausgeht, das wäre bei der CSU auch mal spannend zu sehen“, sagt er spöttisch an Friedrich gewandt, um sogleich Merkel für ihren Rückzug zu loben.

„Merkel wollte sich den Moment ersparen wie Helmut Kohl (CDU) oder Gerhard Schröder (SPD) ihn einst erleben mussten“ - nämlich aus dem Amt gejagt zu werden. „Aber klar ist auch, wer die Partei nicht mehr hat, kann nicht mehr allzu lange Kanzler sein. Das geht nicht drei Jahre lang gut.“

Das sieht von der Leyen ganz anders: „Eine Kanzlerschaft Merkels mache auch weiterhin Sinn, weil sie hohes Ansehen und große Autorität im Ausland genießt. Sie kann ohne den Vorsitz befreiter agieren.“ Sie glaube fest an eine stabile dreijährige Phase.“

Maybritt Illner: Seehofer/Merkel-Zoff: „Wie irre muss man sein?“

Dann geht es auch um Horst Seehofer, dem Noch-CSU-Chef. Warum ist er noch im Amt?, fragt Illner Friedrich. „Wir wollen zuerst eine seriöse Koalition bilden und den Ministerpräsidenten wählen. Dann sprechen wir über Personalfragen. Auf weitere Nachfragen Illners antwortet Friedrich ausweichend, was mit Lachen und Applaus für Schumachers Nachbohren „Sagen sie es doch einfach“, quittiert wird. Doch Friedrich bleibt klar in seiner Haltung.

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Schumacher deutlich: „Der Diesel ist Seehofer nicht zuzuschreiben, aber der Asylstreit im Sommer.“ Der Journalist spricht von gerade einmal zwei Zurückweisungen an der bayerisch-österreichischen Grenze im August diesen Jahres. „Dafür eine Bundesregierung platzen zu lassen, wie irre kann man sein?“, meint er und hält sich dabei zwei Finger an die Schläfe.

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Zoff des Abends zwischen Lindner und von der Leyen - Illner-Talk nimmt Fahrt auf

Dann folgt der Zoff des Abends: Von der Leyen gegen Lindner. Wenn man Lindner folge, bekomme man das Gefühl, das Land stehe kurz vor Zusammenbruch, meint Merkels Stellvertreterin. Lindner hatte Minuten zuvor eine Familie skizziert, die über Schlaglöcher zur Schule fahren muss, in der die Toiletten unbeheizt seien und die Eltern sich mit dem „Bürokratiewahn“ zuhause auseinandersetzen müssten. Leyen wird deutlich contra Lindner: „Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit ist kaum noch messbar, es gibt keine Jugendarbeitslosigkeit bei uns - welches Land würde sich das nicht wünschen in Europa?“

„Trotz Politik“, kontert Lindner. „Das ist eine sehr billige Ausrede“ schießt die Ministerin zurück. Merkel habe das Land sicher durch drei große Krisen geführt. „Welche denn“, will Lindner wissen.

„Die Euro-Krise ist gelöst“, behauptet von der Leyen. „Migrationskrise gelöst.“ Lindner schaut, als habe er nicht richtig gehört. „Gelöst?“ fragt er ungläubig. „Da haben wir keinen Konsens.“ Leyen schimpft: „Sie reden das Land schlecht.“ „Sie reden die Probleme schön!“, wettert der FDP-Chef.

Illner-Talk im ZDF: Dann geht es doch noch um Merkels Erbe

Hui, dann geht es endlich um den eigentlichen Auftrag der Illner-Sendung: Um Merkels Erbe. Kramp-Karrenbauer? Spahn? Merz?

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Wieder von der Leyen: „Egal, wer gewählt wird, er muss gut mit Merkel zusammenarbeiten“, denn neuen Streit würden die Wähler nicht verzeihen. Was meint die CSU, welcher Kandidat würde am besten passen? Friedrich diplomatisch: „Die CSU mischt sich nicht in die Personalangelegenheiten der CDU ein und wir lassen auch nicht zu, dass sie sich bei uns einmischen. Aber die CSU könnte mit allen Kandidaten gut zusammenarbeiten. Schumacher prognostiziert für den Parteitag das Duell AKK gegen Merz, weil Spahn von Schäuble dazu überredet werde Merz gewähren zu lassen. AKK sei aber eher ein Garant für den Fortbestand der Groko als die anderen beiden.

Man wird sehen. Am Schluss verzetteln sich die Gäste doch sehr in der Nachfolgefrage und dem Vertrauensverlust der Volksparteien. Kein uninteressanter Talk an dessen Ende man jedoch nicht schlauer ist, als davor.

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