Krise um Moria: Seehofers Sprecher erklärt, wie es weitergeht - 157 Corona-Fälle bei Lager-Einzug entdeckt
Die Lage der Flüchtlinge auf der Insel Lesbos ist weiterhin prekär. Das Not-Lager ist bereits nahe der Kapazitätsgrenze. Die EU diskutiert über weiteres Vorgehen.
- Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria sind tausende Menschen obdachlos - etwa 6.000 wurden in einem neuen Lager aufgenommen (Update vom 18. September, 15.17 Uhr).
- Ein neues provisorisches Camp soll ein Großteil der Migranten aufnehmen (Erstmeldung).
- Doch das Not-Lager ist bereits nahe an seiner Kapazitätsgrenze (siehe Update vom 19. September, 14.07 Uhr).
- Derweil scheitert die Initiative zweier Bundesländer zur eigenständigen Aufnahme von Asylbewerbern im Bundesrat.
Update vom 19. September, 14.07 Uhr: Durch den verheerenden Brand im Flüchtlingslager Moria waren laut offiziellen Angaben 12.700 Menschen obdachlos geworden. Die Insel Lesbos errichtete daher ein Übergangslager, das bis zu 10.000 Menschen aufnehmen kann. Die Zeltstadt ist aber bereits nahezu voll belegt, etwa 9.000 Flüchtlinge sind mittlerweile dort untergebracht, wie das griechische Migrationsministerium am Samstag erklärte.
Nach dem Brand hatten tausende Menschen am Straßenrand, auf Parkplätzen und sogar auf einem Friedhof unter notdürftig errichteten Schutzdächern und kleinen Zelten campiert. Die griechischen Behörden begannen am Samstag vergangener Woche mit UN-Unterstützung mit der Errichtung eines neuen Lagers auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz in der Nähe des Hafens der Inselhauptstadt Mytilene.
Viele der Migranten weigerten sich aber, in das neue Camp zu gehen, weil sie fürchten, dort erneut monatelang unter katastrophalen Umständen festzusitzen (siehe Update 18. September, 15.47 Uhr). Die Polizei erhöhte schließlich den Druck, um die campierenden, obdachlosen Menschen zum Wechsel in das neue Zeltlager zu bewegen. Die Behörden drohten, die Asylanträge derjenigen, die nicht in das neue Lager ziehen wollten, nicht zu bearbeiten. Das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) unterstützt das neue Lager nur „als Übergangslösung“. Langfristig sei es nicht geeignet.
In Thüringen sorgte unterdessen die Frage, ob man Menschen aus Moria aufnehmen könne, für Streit zwischen Ministerpräsident Ramelow und einer Stadt.
Krise in Moria: Friedrich Merz kritisiert Bundesländer und Bürgermeister nach Reaktionen auf den Brand
Update vom 19. September, 10.43 Uhr: Der CDU-Politiker Friedrich Merz hat die vom Bund zugesagte Aufnahme von gut 1500 Flüchtlingen (siehe Ursprungsmeldung) von den griechischen Inseln begrüßt. „So lange es in Europa keinen funktionierenden Verteilmechanismus gibt, kann Deutschland einen Teil der anerkannten Flüchtlinge aufnehmen. Das überfordert uns nun wirklich nicht“, sagte Merz, der auf dem Parteitag im Dezember für den CDU-Vorsitz kandidieren will, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Merz kritisierte überdies die Bundesländer und Bürgermeister, die nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria* auf Lesbos die Aufnahme von Flüchtlingen angeboten hatten (siehe Update vom 18. September, 12.25 Uhr). „Es kann nicht jedes Bundesland oder jeder Bürgermeister seine eigene Asyl- und Einwanderungspolitik machen“, sagte er. „Denn die Kosten der Unterbringung wollen sie dann trotzdem alle vom Bund erstattet bekommen.“
Wichtig sei die menschenwürdige Unterbringung in der EU. Dies sei auch an den Außengrenzen der EU möglich. Die Lehre aus der Flüchtlingskrise von 2015 sei, dass Regeln eingehalten werden müssten. Wer sogar die Aufnahme aller Flüchtlinge fordere, plädiere dafür, die Dublin-Verordnung, wonach Asylanträge im ersten Aufnahmeland gestellt werden müssen, außer Kraft zu setzen, erklärte Merz.

Update vom 18. September, 15.17 Uhr: Die Aufnahme der 400 minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten kann noch vor Ende des Monats September beginnen, teilte der Sprecher des Innenministeriums, Steve Alter, am Freitag mit. Griechischen Medienberichten zufolge sollen zwei aus Afghanistan stammende Jugendliche wegen des Verdachts auf Brandstiftung im Lager Moria von den griechischen Behörden festgenommen worden sein. Nach Alter hat die Strafverfolgung klar Vorrang: „Es dürfte sich von selbst verstehen, dass die griechischen Behörden zunächst einmal die Strafverfahren von Tatverdächtigen durchführen und nicht währenddessen schon eine Umverteilung erfolgen kann“, antwortete er auf eine Frage hin.
Ob die Tat denn als Hilferuf oder Straftat einzuschätzen sei, wurde Regierungssprecher Steffen Seibert gefragt. Seine Antwort lautete: „Brandstiftung in einem eng besiedelten Lager bringt Menschen in akute Lebensgefahr.“
Unterdessen sollen knapp die Hälfte aller 13.000 obdachlos Gewordenen bereits in dem neuen, provisorisch errichteten Lager untergebracht worden sein. Es soll aus Zelten für acht bis zehn Menschen - geplant sind außerdem Quarantänebereiche und medizinische Versorgungsstationen. Alle neu Ankommenden werden einem Coronatest unterzogen, unter 6.000 Menschen seien bereits 157 Infektionen festgestellt worden. Viele Bewohner des abgebrannten Moria sollen sich weigern, das neue Lager zu betreten - aus Angst, wieder monatelang fest zu sitzen - ebenso wollen viele Bewohner von Lesbos nicht, dass ein weiteres Lager auf der Insel errichtet wird.
Flüchtlingskrise auf Lesbos: Zwei Länder wollen eigene Landesprogramme für die Aufnahme - und scheitern
Update vom 18. September, 12.25 Uhr: Die Länder Berlin und Thüringen sind am Freitag im Bundesrat mit dem Vorhaben gescheitert, die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland durch eigene Landesprogramme zu erleichtern. Eine Gesetzesinitiative, die dies erreichen sollte, fand in der Länderkammer keine Mehrheit. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD*) sagte in der Länderkammer, angesichts der Katastrophe von Moria* (siehe Ursprungsmeldung) sei schnelle Hilfe dringend notwendig.
Der Vorschlag war auch in den Reihen der Länder umstritten. Der Parlamentarische Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) sagte in der Länderkammer, es sei hier eine „Bundeseinheitlichkeit“ erforderlich. Die Bundesregierung sei aber keineswegs untätig oder zögerlich, sondern habe schon vor der Brandkatastrophe in dem griechischen Flüchtlingslager geplant gehabt, etwa bestimmte Kinder und Jugendliche aufzunehmen. Eine Reihe von Bundesländern und Kommunen hat sich zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklärt, scheitert dabei aber bislang am Widerstand von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU*).
Flüchtlingskrise auf Lesbos: Polizei räumt Lager Moria - „Eine Bombe in Sachen Hygiene“
Update vom 17. September, 16.10 Uhr: Durch mehrere Brände wurden in der vergangenen Woche tausende Menschen im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos obdachlos. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass 406 unbegleitete Minderjährige aus dem Lager aufs Festland gebracht wurden.
Am Donnerstag teilte ein EU-Sprecher mit, die Europäische Union werde zusätzlich mit 250 unbegleiteten minderjährige Flüchtlinge von anderen griechischen Inseln auf die gleiche Weise verfahren. Inzwischen hat nach Angaben von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson bereits die Aufnahme der Minderjährigen aus Moria durch EU-Mitgliedstaaten begonnen.
Erstmeldung vom 17. September, 13.46 Uhr: Lesbos - Seit dem verheerenden Brand vor gut einer Woche im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat sich die Lage der Geflüchteten kaum verbessert. Viele der rund 12.000 Menschen haben bei dem Feuer alles verloren, was sie besaßen. Jetzt wurde ein neues, provisorisches Lager errichtet. Die griechische Polizei versucht jetzt die Migranten umzusiedeln. Derweil wird in der EU über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingskrise in Griechenland beraten.
Brand im Lager Moria: Viele Flüchtlinge haben Angst vor neuer Unterkunft
Am Donnerstagmorgen (17. September) hat die griechische Polizei nun damit begonnen die letzten Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager Moria* zu holen. Ziel ist ein neues, provisorisches Lager, dass die griechischen Behörden errichtet haben. „Bisher läuft alles friedlich ab“, sagte der Mainzer Arzt Gerhard Trabert, der mit einer Hilfsorganisation vor Ort ist. Er schätzt, dass ich noch tausende Flüchtlinge in und um das frühere Camp aufhalten. In das neue Lager Kara Tepe sollen bisher rund 2000 Migranten eingezogen sein. Doch viele Menschen haben Angst dort eingesperrt zu werden und wollen stattdessen aufs griechische Festland gebracht werden. Das sieht auch die Seenotrettung Lifeline so.
Die verantwortlichen griechischen Beamten sehen das jedoch anders. „Wir müssen die Menschen in das neue Lager holen; wenn sie auf der Straße ausharren, ist das eine Bombe in Sachen Hygiene“, sagte der Chef der griechischen Gesundheitsbehörde (EODY), Panagiotis Arkoumaneas, am Donnerstagmorgen dem griechischen Radiosender Skai. Im Einsatz seien rund 170 Beamte.
Brand im Lager Moria: Anhörung der Verdächtigen am Samstag
Im Zentrum der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Brand im Lager Moria stehen vier afghanische Flüchtlinge. Sie sollen am Samstag zu den Anschuldigungen, eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben und das Feuer gelegt zu haben, Stellung nehmen, berichtet die griechische Tageszeitung Kathimerini. Zwei weitere Verdächtige wurden bereits einen Tag nach der Katastrophe in einer Gruppe Minderjähriger auf das griechische Festland gebracht. In einem Camp in Nordgriechenland wurden die 17-Jährigen dann festgenommen. Sie sollen am Montag vor dem Gericht in Lesbos erscheinen.
Brand in Moria: EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen fordert gemeinsame Linie nach Brand in Moria
Die Brandkatastrophe auf Lesbos solle für die EU ein Weckruf für ein gemeinsames Handeln in Sachen Asylpolitik sein, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union. Die Tragödie auf der Insel Lesbos sei „eine schmerzliche Erinnerung an die Notwendigkeit, dass Europa zusammenkommt“. Mit Blick auf die geplante EU-Asylreform kündigte von der Leyen die Abschaffung der Dublin-Regelung an.
Während sich die EU-Mitgliedsstaaten noch streiten, wer wie viele Flüchtlinge aufnimmt, prescht die EU-Kommissionspräsidentin voran. „Wir werden die Dublin-Verordnung abschaffen“, sagte sie. „Wir werden es durch ein neues europäisches System zur Migrationssteuerung ersetzen.“ Dieses werde „gemeinsame Strukturen zu Asyl und Rückführen“ haben und „einen neuen starken Solidaritätsmechanismus“ beinhalten. Solch ein Vorhaben scheiterte aber bisher immer an Gegenstimmen vor allem aus dem osteuropäischen Raum. Amnesty International begrüßte derweil das Vorhaben der Bundesregierung, weitere 1553 Flüchtlinge aus Moria aufnehmen zu wollen. Der Umgang mit den Geflüchteten* ins jedoch innenpolitisch gesehen ein umstrittenes Thema. (tel/dpa/afp) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.
In ihrer Show „Joko & Klaas gegen ProSieben“ haben die beiden Entertainer 15 Minuten Sendezeit gewonnen. In der jüngsten Ausgabe davon zeigten die beiden ein Video eines Flüchtlings aus Moria, dass im Netz hohe Wellen schlug. Eine Woche später haben die beiden wieder 15 Minuten Sendezeit gewonnen - geht es wieder um Moria?