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Wahlprogramm der Grünen: Das sind ihre Themen für die Bundestagswahl

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Von: Anna-Elisa Jakob

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Kleiner Parteitag der bayerischen Grünen
Die Grünen legen in ihrem Wahlprogramm den Fokus auf sämtliche Themen rund um Klima-und Umweltschutz. © dpa

Berlin - Die Grünen besinnen sich auf alte Klassiker und besetzen in ihrem Wahlprogramm wie erwartet alle Themen rund um Klima-und Umweltschutz. Doch auch in andere Bereichen wollen sie investieren - und locken dabei nicht nur Stammwähler.

Update vom 14. September 2017: Wie Sie die Bundestagswahl live im TV und im Livestream verfolgen können, lesen Sie unter diesem Link.

Update vom 2. August 2017: Auch die Kandidaten der Grünen werden das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz am 3. September gespannt verfolgen. Der Schlagabtausch der Spitzenkandidaten von CDU/CSU und SPD vor der Bundestagswahl 2017 wird wird live im TV und Live-Stream übertragen. 

Update vom 24. Juli 2017: Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt führen die Grünen als Spitzenkandidaten in den Bundestagswahlkampf. Doch wie ticken die beiden Politiker? Das erfahren Sie hier.

Bundestagswahl 2017: Das Wahlprogramm der Grünen

„Zukunft wird aus Mut gemacht“. Mit diesem Satz, der wohl in Anlehnung an Nenas Hit aus den Achtzigern gewählt wurde, beginnt das Wahlprogramm der Grünen. In dessen Präambel kommen auch noch häufiger die Worte Zukunft, Modernisierung und Zusammenhalt vor. Aber genauso bilden auch Ökologie und Klimaschutz - wie zu erwarten - gewichtige Begriffe des Grünen-Programms. Hierbei handelt es sich bislang erst um einen Entwurf zum offiziellen Wahlkampfprogramm, über die endgültige Fassung wird im Juli entschieden. 

Grünen-Wahlprogramm 2017: Umweltschutz als zentrales Thema

Es scheint, als wollten die Grünen für die anstehenden Wahlen besondere Akzente auf ihr ursprüngliches Kernthema, den Umweltschutz, setzen. Dieses Kapitel findet sich nämlich gleich zu Anfang des Wahlprogrammes und trägt den Titel „Umwelt im Kopf“. Die Grünen - und damit allen voran die Spitzenkandidaten Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckhardt - wollen „anpacken“, „entschlossen handeln“, den richtigen Weg in eine „lebenswerte Zukunft“ gestalten. Mit welchen Maßnahmen der Umweltschutz gewährleistet und gefördert werden soll, wird im Anschluss genauer ausgeführt. 

So sollen beispielsweise hohe Schutzstandards für Gewässer festgelegt und das sogenannte Fracking abgeschafft werden. Um der Luftverschmutzung entgegen zu wirken, sollen Halter von Dieselautos Nachrüstungen bei den Herstellern einfordern können. So wollen die Grünen eine blaue Plakette einführen, ohne dass die Halter von älteren Wagen darunter zu leiden hätten. Die Grünen sprechen sich auch gegen eine Industrialisierung der Landwirtschaft aus und damit gegen den Einsatz von Gülle und Pestiziden.

Glyphosphat und Bienengift sollen dabei vollständig verboten werden und für andere Mittel die Zulassungsverfahren so geändert werden, dass ausschließlich unbedenkliche Stoffe in der Landwirtschaft eingesetzt werden dürfen. Grundsätzlich planen die Grünen, Hersteller „von problematischen Medikamenten, Chemikalien und Pestiziden“ in die Verantwortung zu nehmen und die verursachten Schäden zu beseitigen. Sie wollen ein Wertstoffgesetz auf den Weg bringen, das Wiederverwendung fördern und Mülldumping beenden soll. 

Ein weiteres Anliegen der Grünen ist der Ausstieg aus der Massentierhaltung. Missbrauch von Antibiotika soll beendet werden, Lebendtransporte begrenzt und tierische Produkte für Verbraucher und Verbraucherinnen besser gekennzeichnet werden können. Das Ziel auf den Packungen soll genau sichtbar sein, wo und wie die Tiere gehalten wurden.

Die Grünen: Deutschland soll Vorreiter im Bereich Klimaschutz werden

Die Grünen setzen sich dabei in ihrem Wahlprogramm zum Ziel, Deutschland zum „Vorreiter beim Klimaschutz“ zu machen. Besonders kritisieren sie die derzeitige Bundesregierung, an der Kohleindustrie weiter festzuhalten. Stattdessen fordern die Grünen einen unverzögerten Ausstieg aus der Kohlekraft und die „20 dreckigsten Kohlekraftwerke sofort vom Netz zu nehmen“. Die restlichen sollen dann innerhalb der nächsten zwanzig Jahre abgeschaltet werden. 

Bis 2030 wollen die Grünen den vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien schaffen – und zwar mit der Abschaffung von Obergrenzen für den Ausbau erneuerbarer Energien und Maßnahmen, die Marktanreize für Unternehmen und Kunden wecken sollen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen außerdem auch nur noch abgasfreie Autos produziert werden und die Entwicklung der Automobilindustrie in diese Richtung bestärkt werden. 

Elektromobilität steht auch im öffentlichen Verkehr im Mittelpunkt: Mit einem Mobil-Pass auf einer Smartcard oder App sollen Car- und Bikesharing-Angebote leichter zu buchen sein. Hier soll es für Familien, Schüler und Rentner spezielle Angebote geben.

Außerdem soll umweltverträgliche Landwirtschaft angetrieben werden. Weitere Punkte sind: CO2-Zertifikate sollen teurer werden, energetische Gebäudesanierungen mit zwei Milliarden Euro jährlich gefördert und die Umstellung auf kohlenstoffarme Industrieprozesse vorangetrieben werden.  Für die Grünen steht folgende Rechnung fest: Rund 57 Milliarden an Steuergeldern werden bislang jährlich für umweltschädigende Projekte ausgegeben. Diese Subventionen wollen die Grünen um rund zwölf Milliarden reduzieren.

Programm der Grünen bei der Bundestagswahl 2017: Jahreswohlstandsbericht 

Um die Entwicklung der Bundesrepublik besser bewerten zu können, wollen die Grünen einen „Jahreswohlstandsbericht“ statt einen Wachstumsbericht. Dafür soll nicht nur das Bruttoinlandsprodukt betrachtet werden, sondern viel mehr auch ökologische, soziale und gesellschaftliche Entwicklungen gemessen werden. Hierzu würden dann beispielsweise die Einkommensverteilung oder ein Bildungsindex gehören.

„Green New Deal“: Auch auf EU-Ebene soll es grüner werden 

Auch auf EU-Ebene wirbt die Partei für grüne Projekte: So soll ein „Green New Deal“ dafür sorgen, Europa wirtschaftlich, sozial und ökologisch voranzubringen. Mit grenzüberschreitenden Bahn-, Energie- und Datennetzen sowie Kultur- und Jugendprogrammen soll der Austausch zwischen den einzelnen Ländern gefördert werden. 

Die Entscheidungsprozesse der EU möchten die Grünen dabei wieder mehr auf europäische sowie auf nationale Parlamente übertragen. Für mehr Transparenz sollen hier verpflichtende Lobbyregister und striktere Karenzzeiten für Kommissionsmitglieder sorgen. Dabei zeigen sich die Grünen stark proeuropäisch und sprechen sogar davon, die bisherigen Unionsbürger zu „europäischen Staatsbürgern“ zu machen. 

EU-Politik der Grünen: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik 

Auch in Fragen der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik wünschen sich die Grünen gesamteuropäischere Lösungen. Hinsichtlich der EU-Beitrittsgespräche nehmen sie ausdrücklich in ihrem Wahlprogramm Stellung. So sind sie strikt gegen einen Abbruch der Beitrittsgespräche, um nicht „das falsche Signal an die proeuropäischen und demokratischen Kräfte in der Türkei“ zu senden. 

In ihrem Programm für die Bundestagswahl fordern die Grünen auch Einsatz über EU-Grenzen hinaus: So wollen sie mit einem „Grünen Marshall-Plan“ in Afrika durch zivile Krisenprävention, Aufbau von rechtsstaatlichen Strukturen und der Förderung einer grüneren Wirtschaft „neue Perspektiven eröffnen und Fluchtursachen effektiv bekämpfen“. Generell sollen Entwicklungshilfen gestärkt werden, mit dem Ziel, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hierfür zu investieren. 

Ein weiterer Punkt im Wahlprogramm der Grünen: Frieden und Menschenrechte 

Ein eigener Punkt im Grünen-Wahlprogramm beschäftigt sich mit Frieden und Menschenrechten. Hier findet sich zwar keine streng pazifistische Meinung, militärische Gewalt sollte allerdings nach Völkerrechtsbestimmungen nur das äußerste Mittel sein, um Gewalt einzudämmen. Rüstungsexporte in Krisenregionen oder Staaten mit problematischer Menschenrechtslage wollen die Grünen stoppen, die Genehmigungen für diese Exporte sollen nicht wie bisher mit dem Bundeswirtschaftsministerium, sondern ausschließlich vom Auswärtigen Amt erteilt werden.

Wahlprogramm 2017: Grüne wollen fairen Handel fördern

Die Grünen sind für internationale Handelsabkommen. Diese sollen allerdings „transparent ausgehandelt werden“ und nicht nur ökologisch, sondern auch „sozial und menschenrechtlich“ ausgerichtet sein. Ein ständiger Handelsgerichtshof der Vereinten Nationen soll über völkerrechtliche Verpflichtungen und vereinbarte Normen achten. Im Übrigen wollen die Grünen die Produktmenge, die einzelne Akteure verkaufen dürfen, einschränken. So soll Hunger langfristig bekämpft werden und regionale Wirtschaftskreisläufe angekurbelt werden.

Wahlprogramm 2017: Integrationsförderung, neues Einwanderungsgesetz und Reformation des Wahlrechts 

Die Grünen wollen sichere und legale Fluchtwege, Seenotrettungsprogramme sollen wieder eingeführt werden. Außerdem soll ein Aufnahmeprogramm des Bundes dafür sorgen, humanitäre Visa einzuführen, die eine sichere Flucht ermöglichen. Der Nachzug von Familienmitgliedern soll wieder ermöglicht werden. Integration wollen die Grünen vor allem durch Integrations- und Sprachkurse betreiben und ausreichend Ressourcen für Länder und Kommunen bereitstellen. Mit einem Einwanderungsgesetz soll Fachkräften ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche ermöglicht werden, welches sich an einem Punktesystem orientiert. Auch das Wahlrecht soll angepasst werden und auf kommunaler Ebene aufgrund des Wohnorts und nicht der Staatsbürgerschaft erteilt werden. Bezüglich des Wahlrechts wollen die Grünen das Alter der Wahlberechtigten insgesamt auf 16 Jahre absenken, um junge Leute für politische Bildung zu motivieren - und stimmt hier mit der SPD überein.

Gleichberechtigung: Ein zentraler Punkt im Grünen-Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2017 

Ein Thema, für das die Grünen in ihrem Programm stark werben, ist das der Gleichberechtigung. So fordern sie beispielsweise eine Ehe für alle, mit der auch lesbische und schwule Paare mit gleichen Rechten nach einer Hochzeit ausgestattet werden.

Doch auch in der Arbeitswelt soll Gleichberechtigung erreicht werden. So soll ein Entgeltgleichheitsgesetz für eine gerechte Lohnverteilung zwischen Männern und Frauen führen. Berufe mit hohem Frauenanteil sollen besser bezahlt werden und Lohnchecks sollen unfaire Bezahlung aufdecken. Arbeitgeber sollen verpflichtet werden, Verträge auf Diskriminierung zu prüfen und Frauen sollen dabei ein wirksames Verbandsklagerecht zugesprochen werden. 

Die Sicherheitspolitik der Grünen: Gegen rechts und für eine starke Polizei 

Ein Demokratiefördergesetz soll Vereine, die sich gegen rechte Kräfte einsetzen, unterstützen. Bei jungen Menschen wollen die Grünen mithilfe eines bundesweiten Präventionszentrums gegen Radikalisierung vorbeugen. Gleichzeitig soll allerdings auch die Bundespolizei gestärkt werden: durch mehr Personal und eine Konzentration der kriminalpolizeilichen Aufgaben im Bundeskriminalamt. Der Verfassungsschutz soll dabei vollkommen umgekrempelt und nun zu einem „Bundesamt zur Gefahren- und Spionageabwehr“ geändert werden. 

In Bildung investieren: Grüne wollen Schüler, Studenten und Familien unterstützen

Weitere Investitionen fordern die Grünen im Bildungsbereich: Mehr Personal in Kindertagesstätten, Schaffen von Ganztagesschulen, in denen jedes Kind individuell gefördert wird und finanzielle Unterstützung für alle Studenten.

Zwar wendet sich das Grünen-Programm in vielen Teilen besonders an eine junge Zielgruppe, trotzdem gibt es auch einige Punkte, die speziell auf die arbeitende Mitte der Gesellschaft abzielt. So fordern die Grünen beispielsweise eine „Pflege Zeit Plus“, mit der Menschen, die Angehörige selbst pflegen, drei Monate Lohn bezahlt bekommen sollen. Zudem sollen sich Pflegende zehn Tage im Jahr zusätzlich frei nehmen können, um sich um Pflegebedürftige kümmern zu können.

Gleichzeitig soll mit dem parallelen Projekt „Kinder Zeit Plus“ Eltern ermöglicht werden, jeweils acht Monate für das Kind frei zu nehmen bis das Kind das 14. Lebensjahr erreicht hat. Zusätzlich können noch einmal acht Monate Elternzeit unter beiden Eltern aufgeteilt werden. Mit der Einführung einer „flexiblen Vollzeit“ sollen Arbeitnehmer selbst mitbestimmen können, wann sie wo arbeiten. Hier soll es einen bestimmten Stundenkorridor von 30 bis 40 Stunden geben, die Beschäftigte sich selbst in Absprache mit den Unternehmen aufteilen können. 

Wahlprogramm der Grünen 2017: Eine neue Bürgerversicherung für alle

Insgesamt planen die Grünen eine Bürgerversicherung, die das Gesundheitssystem reformieren soll. Hier sollen alle einzahlen – also auch Beamte und Selbstständige. So soll die Kluft zwischen gesetzlichen und Privat-Patienten beseitigt werden und eine gerechte Behandlung ermöglicht werden. Um die gesetzliche Rente zu stärken, sollen auch hier Beamte, Freiberufler und Abgeordnete miteinbezogen werden. Als ersten Schritt sollen hier Selbstständige aufgenommen werden und deren Absicherung im Alter damit verbessert werden. Diese sollen auch bessere Bedingungen in der Kranken- und Pflegeversicherung erhalten. So wollen die Grünen Mindestbeiträge senken und die Künstlersozialkasse weiter stärken. 

Wahlprogramm der Grünen 2017: Investieren, aber ja nicht abschrecken 

Fest steht, die Grünen wollen investieren. In den Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit. Dabei sprechen sie Themen an, die von anderen Parteien nicht in diesem Maß besetzt werden und könnten sich damit bestimmte Wählerkreise sichern. Gleichzeitig sparen die Grünen in dem Entwurf ihres Wahlprogrammes bislang jedoch an vielen Stellen an Zahlen oder Erklärungen, die die von ihnen geforderten Investitionen möglich machen könnten. Alles in allem findet sich hier ein sehr gemäßigtes Programm, vergleicht man es mit den Vorschlägen der Bundestagswahl 2013: Hier sorgten Vorschläge wie der gesetzlich vorgeschriebene „Veggie-Day“ für hohe Stimmenverluste – eine solche Niederlage möchte die Partei in diesem Jahr mit Sicherheit vermeiden. Mit aktuellen Prognosen zur Bundestagswahl halten wir Sie hier auf dem Laufenden.

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