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Umstrittener Verkehrsversuch in Mannheim beendet – Stadt zieht positive Bilanz

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Von: Peter Kiefer

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Mannheim - Nach dem Ende des teils stark kritisierten Verkehrsversuchs hat die Stadt jetzt Bilanz gezogen. Auffällig ist der um rund 90 Prozent gestiegene Radverkehr in der City:

Der sogenannte „Verkehrsversuch“ in Mannheim ist seit Mitte März 2023 Geschichte. „Zum Glück“, mögen viele Kritiker sagen. Jetzt hat die Stadt die Ergebnisse der quantitativen Erhebung vorgestellt und ein positives Fazit des Projekts „Neue Wege – mehr erleben in der City“ gezogen.

StadtMannheim
BundeslandBaden-Württemberg
Einwohnerzahl311.831 (31. Dez. 2021)
OberbürgermeisterPeter Kurz (SPD)

SPD-Bürgermeister Eisenhauer zieht Bilanz zu Verkehrsversuch

Demnach habe der Verkehrsversuch deutliche Effekte im Mobilitätsverhalten bewirkt, die Prognosen wurden bestätigt. Verglichen wurden Verkehrszahlen vor und während der geänderten Verkehrsführung. Erst am 12. Mai waren die letzten Schranken des Verkehrsversuchs in der Fressgasse entfernt worden – rund 2 Monate nach Projektende.

„Besonders erfreulich ist, dass deutlich mehr Radfahrende durch die Innenstadt gefahren sind und sich dabei sicherer gefühlt haben. Genauso hat sich die Aufenthaltsqualität erhöht, es gab viel mehr Grün in der Innenstadt. Insbesondere Passanten und Besucher der Innenstadt haben die Veränderungen sehr positiv erlebt. Dies waren wesentliche Ziele des Verkehrsversuchs“, resümiert der für Verkehrsplanung zuständige Bürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD).

In der Fressgasse wird auf rund 140 Metern eine neue Fußgängerzone entstehen.  Daruf freuen sich (v. li.): Stefanie Reischmann, Stadtmarketing Mannheim GmbH, Ulrike Kleemann, Fachbereich Geoinformation und Stadtplanung, Alex Stork, Eigenbetrieb Stadtraumservice und Bürgermeister Ralf Eisenhauer.
In der Fressgasse wird auf rund 140 Metern eine neue Fußgängerzone entstehen. © Stadt Mannheim/Thomas Tröster

Die dringend erforderlichen Veränderungen im Verkehrsbereich seien also möglich, „um unsere Stadt lebenswert, wirtschaftlich erfolgreich und klimagerecht in die Zukunft zu entwickeln“, so Eisenhauer. Doch während Anwohner und Gäste den Versuch positiv bewerten, ist die Stimmungslage bei den Gewerbetreibenden kritisch.

Zählung von Kfz- und Radverkehr in Fressgasse und Kunststraße

Das Gutachten vom Ingenieurbüro „gevas humberg & partner“ zeigt gemittelt über alle Zählstellen eine Reduzierung des Verkehrs um 20 Prozent. In den zentralen Bereichen wurden dazu Erhebungen im Juli und Oktober 2022 und im März 2023 sowohl werktags als auch samstags vorgenommen. In der Fressgasse reduzierte sich der Verkehr in Höhe P2/Q2 um 66 Prozent auf unter 4.000 Kfz/16h.

In der Kunststraße lag der Kfz-Verkehr an der Ausfahrt zum Kaiserring im März 2023 um rund 25 Prozent niedriger als bei Zählungen 2019. Wie in Voruntersuchungen vermutet, hat sich die Verkehrsmenge u.a. in der Erbprinzenstraße erhöht. An der Ausfahrt auf den Ring wurden zwischen 20 und 30 Prozent mehr Fahrzeuge registriert (4.000 Kfz/16h auf ca. 5.500 Kfz/16h).

Rund 90 Prozent mehr Radfahrer auf Fressgasse und Kunststraße

Der Radverkehr nahm in der Kunststraße in Höhe O2/O3 (+88 Prozent) und der Fressgasse in Höhe P2/Q2 (+90 Prozent) deutlich zu. In der Marktstraße in Mannheim, die bei E1/E2 zu einer reinen Fahrradstraße umgenutzt wurde, hat sich der Radverkehr ebenfalls gesteigert (+76 Prozent). Trotz erhöhtem Radverkehr sind keine Unfallschwerpunkte mit Radfahrenden zu verzeichnen.

Die Erhebung der Lieferzonen zeigte, dass diese nicht nur vom Lieferverkehr, sondern auch immer wieder von parkenden Fahrzeugen unzulässig genutzt wurden. Der Anteil der Belegung durch Lieferfahrzeuge lag je nach Lieferzone zwischen 35 und 52 Prozent. Die vorhandenen Lieferzonen werden positiv bewertet, müssten jedoch für einen größeren Nutzen besser kontrolliert werden.

In der Kunststraße dürfen nur noch Radfahrer geradeaus fahren.
In der Kunststraße durften während des Verkehrsversuchs nur noch Radfahrer geradeaus fahren. (Archivfoto) © Stadt Mannheim

Befragung von betroffenen Nutzergruppen

Für ein Meinungsbild hat die Stadt die Dima Marktforschung GmbH mit einer Befragung beauftragt. Im Zeitraum vom 10. März bis zum 3. April 2023 wurden mehr als 13.000 Betroffene um die Teilnahme zur einer Online-Umfrage in Form eines postalischen Anschreibens oder einem verteilten Flyer gebeten: darunter 4.000 Anwohner der Innenstadt Mannheims, rund 4.000 Gewerbebetriebe und mindestens 250 freiberuflich Tätige sowie rund 5.000 Passanten und Besucher. Insgesamt nahmen 1.160 Personen (8,4 Prozent) teil.

Der auf die gesamte Teilnehmerzahl bezogene hohe Rücklauf von 18,3 Prozent (731) in der Gruppe der Anwohnenden spiegelt deren hohe Betroffenheit wider. Bei den Gewerbetreibenden/Freiberuflern erfolgte ein deutlich geringerer Rücklauf von einer Antwortquote von 6 Prozent (290), die geringste Antwortquote erfolgte mit 2,8 Prozent (139) in der Gruppe der Passanten.

Bei der Gesamtbewertung wie auch bei den meisten Bewertungen der einzelnen Aspekte des Verkehrsversuchs zeigt sich ein konträres Meinungsbild bei Anwohnern und Besuchern einerseits und Gewerbetreibenden/Freiberuflern andererseits. Eine verbesserte Aufenthaltsqualität wird beim privaten Anlass zum Stadtbesuch in Mannheim positiv bewertet, hingegen sehen Gewerbetreibende/Freiberufler und deren Mitarbeitern, die aus beruflichem Anlass die Innenstadt besuchen und häufig mit dem Auto anreisen, Einschränkungen für die Anfahrt.

Befragte loben Verringerung der Verkehrs- und Lärmbelästigung

Alle Betroffenengruppen nehmen zum überwiegenden Teil eine deutliche Verringerung der Verkehrs- und Lärmbelästigung im Stadtkern wahr. Bei 9 Prozent der Befragten führte der Verkehrsversuch nach eigenen Angaben zu einer Änderung der Verkehrsmittelwahl. Auf das Auto verzichteten nach eigenen Angaben 4 Prozent.

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Die Verwaltung wird im Hauptausschuss im Juni eine Empfehlung für das weitere Vorgehen zur Verkehrsentwicklung in der Innenstadt geben. Eine ausführliche Beschreibung der Ergebnisse findest Du online. (pek/PM)

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