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IHK-Umfrage zu Verkehrsversuch in Mannheim – Innenstadt-Betriebe gegen Dauer-Sperrungen

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Von: Florian Römer

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Mannheim - Im März stoppte die Stadt den umstrittenen Verkehrsversuch. Laut IHK-Umfrage sind die meisten Betriebe in der Innenstadt gegen eine Verstetigung des Projekts:

Der Verkehrsversuch in der Innenstadt von Mannheim sorgte seit Beginn des Projekts für kontroverse Diskussionen. Im März beendete die Stadt das umstrittene Verkehrsprojekt und hob die getroffenen Maßnahmen wieder auf. Betriebe in der Innenstadt beurteilen den Verkehrsversuch mehrheitlich negativ und wollen künftig keine weiteren Einschränkungen bei der Einfahrt in die Quadrate. Das geht aus einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar hervor, an der sich 385 Innenstadt-Unternehmen beteiligten.

StadtMannheim
BundeslandBaden-Württemberg
Einwohnerzahl311.831 (31. Dez. 2021)
OberbürgermeisterDr. Peter Kurz (SPD)

IHK-Umfrage zu Verkehrsversuch in Mannheim – Betriebe gegen dauerhafte Sperrungen

Nach Angaben von fast 60 Prozent der Betriebe hat sich ihre wirtschaftliche Lage durch den Verkehrsversuch verschlechtert. Jeder dritte Betrieb verspürte keine nennenswerten Auswirkungen durch das Verkehrsprojekt. Acht Prozent der Unternehmen gaben in der IHK-Umfrage an, dass sich der Verkehrsversuch wirtschaftlich positiv auswirkte.

Dementsprechend ablehnend steht die Innenstadtwirtschaft einer möglichen Verstetigung des Versuchs gegenüber: 72 Prozent der Unternehmen sind gegen eine dauerhafte Sperrung der betroffenen Straßen und eine Fortführung der begleitenden Maßnahmen, 24 Prozent sind dafür.

Der „Verkehrsversuch“ Mannheim hinterlässt auch am Paradeplatz in der Innenstadt seine Spuren.
Der „Verkehrsversuch“ Mannheim hinterlässt auch am Paradeplatz in der Innenstadt seine Spuren. © MANNHEIM24/Peter Kiefer

Verkehrsversuch in Mannheim – Funktion als Oberzentrum in Gefahr?

Gegen das Ziel des Verkehrsversuchs, den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt herauszuhalten, spricht sich mit 51 Prozent eine knappe Mehrheit der Unternehmen aus. Mehr als zwei Drittel der Betriebe wünscht sich, dass Zielverkehre in die Quadrate, also die Anfahrt von Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten, weiterhin möglich sein sollen.

IHK-Präsident Manfred Schnabel ruft die ursprünglichen Ziele des Verkehrsversuchs in Erinnerung. Im Oktober 2020 hatte der Gemeinderat beschlossen, die Quadrate vom motorisierten Durchgangsverkehr zu entlasten. Mittlerweile werden Stimmen laut, auch Zielverkehre, also die Einfahrt von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern, zu beschränken und die City autofrei zu machen. Das sei von den Gemeinderatsbeschlüssen indes nicht gedeckt und werde von der Wirtschaft auch nicht mitgetragen, da dann die Gefahr bestehe, dass Mannheim seine Funktion als Oberzentrum einbüße.

Erwartungen und Lösungsansätze der Wirtschaft zum Verkehrsversuch in Mannheim

Die Erwartungen und Lösungsansätze der Wirtschaft mit Blick auf eine langfristige Lösung der Verkehrsprobleme seien klar, so der IHK-Präsident: Der Durchgangsverkehr müsse weiträumig um Mannheim geführt werden. Dazu zähle perspektivisch auch eine dritte Rheinquerung. Im Mobilitätspakt Metropolregion Rhein-Neckar arbeite die Wirtschaft daran, die Pendlerverkehre zu optimieren. Dafür brauche es vor allem einen gut ausgebauten und attraktiven ÖPNV.

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Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel stoße allerdings in einer multizentrischen, ländlich geprägten Flächenregion wie der Metropolregion Rhein-Neckar an seine Grenzen. Motorisierter Individualverkehr, perspektivisch auch emissionsfrei, werde daher weiter eine Rolle spielen, heißt es von der IHK. Die Befürchtung: „Wenn Mannheim auf die Erreichbarkeit aus dem ländlichen Raum verzichtet, büßt die Stadt die Funktion als Oberzentrum ein.“

IHK-Präsident zum Verkehrsversuch: „Umfrageergebnisse sollten eine Mahnung sein“

„Mannheim sollte stärker Teil einer regionalen Lösung werden und den regionalen Schulterschluss suchen. Sinnvolle lokale Stellschrauben wären, das Baustellenmanagement zu verbessern und die Parksuchverkehre zu minimieren“, mahnt Schnabel. Die Wirtschaft sei Teil der ökologischen Transformation, die natürlich auch Auswirkungen auf den Verkehr und die Innenstädte habe. „Wir stehen dabei für technologische Lösungen, die die Menschen mitnehmen, unseren Wohlstand sichern und andere zum Nachahmen anregen kann“, betont IHK-Präsident Schnabel. 

Am 24. Mai soll der Ausschuss für Umwelt und Technik darüber beraten, ob dem Gemeinderat eine Verstetigung des Verkehrsversuchs empfohlen wird. „Den Gemeinderatsfraktionen sollten die Umfrageergebnisse eine Mahnung sein. In der Innenstadtwirtschaft gibt es für eine Verstetigung keinen Rückhalt.“ Schnabel appelliert, dass etwaige Beschlüsse erst nach der Oberbürgermeister-Wahl in Mannheim getroffen werden sollten.

Entscheidung über Verkehrsversuch erst nach OB-Wahl in Mannheim?

„Eine Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt hätte gravierende und langfristige Folgen für die gesamte Stadt, sodass die Gremien die OB-Wahl abwarten sollten. Wir fordern zudem die Kandidaten auf, ihre Vorstellungen für die zukünftige Verkehrsplanung in der Innenstadt im Wahlkampf transparent zu machen“, so der IHK-Präsident.

Kandidaten und alle politischen Akteure sollten sich fragen, welche zukünftige Rolle sie der Innenstadtwirtschaft beimessen. „Weniger Wirtschaft in der Innenstadt bedeutet auch weniger Menschen, weniger Austausch, weniger Attraktivität“, so Schnabel. „Wir sind überzeugt, dass die Bevölkerung Mannheims und das Umland die City als lebendiges Quartier und starken Wirtschaftsstandort entwickeln wollen. Wer ein reines Wohnviertel mit städtisch bewirtschaften Flächen möchte, sollte das dann klar sagen.“

Handelsverband: „Innenstadt funktioniert nur, weil Menschen in City fahren“

Als Leitbranche für die City und wichtigster Besuchsgrund trägt der Handel die gesamte Innenstadtwirtschaft, sagt Hendrik Hoffmann, Vizepräsident des Handelsverbands Nordbaden. Menschen aus der gesamten Region kämen wegen des stationären Angebots nach Mannheim. Dazu gehören neben Dienstleistungen aus Gastronomie, Freizeit und Kultur auch beratende medizinische Angebote wie Steuerberater und Ärzte.

„Diese gewachsene, lebendige und sich stets verändernde und entwickelnde Innenstadt funktioniert in seiner Verdichtung aber nur, da sehr viele Menschen in die City fahren und hier Geld ausgeben. Einschränkungen in der Zugänglichkeit führen daher immer zu einem weniger attraktiven Gesamtangebot“, so Hoffmann.

„Fehler des ersten Verkehrsversuchs führten zu massiver Ablehnung“

„Wir dürfen auf keinen Fall die Fehler des ersten Verkehrsversuchs wiederholen, denn diese haben mit zur massiven Ablehnung des Projektes geführt“, warnt Lutz Pauels, Vorsitzender der Werbegemeinschaft. „Wenn die Ergebnisse der Zählungen und Befragungen durch die Stadt Mannheim vorliegen, sollte man in aller Ruhe mit den Betroffenen intensiv über Alternativen nachdenken, die dann auch eine breite Akzeptanz finden.“

Hauptziel bleibe, den Durchgangsverkehr zu beschränken und die Zielverkehre zu stärken. „Gleichzeitig wollen wir die Bedeutung der City und die Aufenthaltsqualität durch ein attraktives Angebot an Veranstaltungen stärken, die ebenfalls viele Menschen aus der Region in die Innenstadt ziehen“, erklärt Pauels. (rmx mit pm)

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