Paracetamol statt Ibuprofen bei Verdacht auf Covid-19? Experte mit klarer Ansage
Ibuprofen stand in Verdacht, schwere Verläufe von Covid-19 zu fördern. WHO-Sprecher Christian Lindmeier gab den Rat, auf Paracetamol zurückzugreifen - Hamsterkäufe sind die Folge.
- Die Weltgesundheitsorganisation nimmt Warnung zurück: "Auf der Basis der heute vorhandenen Informationen rät die WHO nicht von der Einnahme von Ibuprofen ab".
- Wegen eines WhatsApp-Kettenbriefs, der einen Zusammenhang zwischen schweren Covid-19-Verläufen und Ibuprofen-Einnahme hergestellt hat, hatte die WHO die Empfehlung ausgesprochen, bei Fieber auf Paracetamol* zurückzugreifen.
- Dies führte zu Paracetamol-Hamsterkäufen und leer gekauften Apotheken.
- Mediziner Christoph Specht äußert sich im Interview.
Update vom 20.03.2020: Am gestrigen Nachmittag hat die WHO ihre Warnung zurückgezogen, bei Verdacht auf die neuartige Lungenkrankheit Covid-19 nicht auf das Schmerzmittel Ibuprofen zurückzugreifen. Nach Prüfung der Studienlage und unter Einbezug von Medizinern kam die WHO zu dem Schluss, dass es sich um eine Fake-News handeln muss. Über die bekannten Nebenwirkungen des Medikaments bei bestimmten Bevölkerungsgruppen hinaus gebe es keine Hinweise auf negative Ibuprofen-Konsequenzen bei Covid-19-Patienten.
Artikel vom 19.03.2020: Am 15. März 2020 machte eine anonyme WhatsApp-Sprachnachricht die Runde, dass die Uniklinik in Wien herausgefunden haben soll, dass die Einnahme von Ibuprofen schwere Krankheitsverläufe von Corona-Virus-Infektionen fördern soll. Dies wurde zwar von der Universitätsklinik der österreichischen Hauptstadt dementiert, Mediziner und die Weltgesundheitsorganisation WHO zwang die Nachricht allerdings zum Handeln.
Die Behauptung wurde geprüft, es gebe allerdings keine neuen Beweise für eine erhöhte Sterblichkeit durch die Einnahme von Ibuprofen, wie die WHO berichtete. Bis die Prüfung abgeschlossen war, riet sie allerdings dazu, in der Selbstmedikation Paracetamol statt Ibuprofen einzusetzen, wie die Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ) meldete. Die folgende stark gestiegene Nachfrage führte dazu, dass es vielerorts zu Lieferengpässen für das fiebersenkende Arzneimittel Paracetamol kam. Der Grund: Hamsterkäufe konzentrierten sich der DAZ zufolge auf die Ibuprofen-Alternative.
Schmerzmittel bei Coronavirus-Infektion: "Beide Medikamente haben natürlich Nebenwirkungen"
Wie die Tagesschau berichtete, gibt es einigen Forschern zufolge tatsächlich Hinweise darauf, dass Ibuprofen eine suboptimale Wirkung auf den Verlauf der neuartigen Lungenkrankheit Covid-19 haben könnte. So sagte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM): "Ibuprofen hemmt die Blutgerinnung, das wäre ein möglicher Hinweis". Der Virologe spricht von einem größeren Risiko für innere Blutungen durch diesen Fakt. Doch auch Schmidt-Chanasit betont, dass ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von nicht-steroidalen Entzündungshemmern (NSAR) wie Ibuprofen und schweren Verläufen bei Covid-19* seines Wissens nach bislang nicht gesichert seien.
Paracetamol beeinflusst zwar die Blutgerinnung nicht - weshalb es aktuell als sinnvolle Alternative zu Ibuprofen gilt - "aber beide Medikamente haben natürlich Nebenwirkungen", warnt Mediziner Dr. Christoph Specht im Interview mit n-tv: "Ich würde in jedem Fall dazu raten, wenn es nicht unbedingt nötig ist, gar nichts davon einzunehmen und ansonsten nur in Abstimmung mit dem Arzt".
Paracetamol bei Coronavirus-Infektion: Fatale Folgen bei Überdosierung
Jedoch sollte man Paracetamol immer nach Gebrauchsanleitung anwenden, nicht überdosieren und sich vom Arzt oder Apotheker über Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufklären lassen. Auch die möglichen Nebenwirkungen sollten mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden, so kann es bei einer Überdosierung zu Übelkeit, Erbrechen, Blässe, Unterleibsschmerzen und Appetitlosigkeit kommen. Paracetamol kann auch die Leber* angreifen, wenn man den Arzneistoff überdosiert, zu lange einnimmt, Lebererkrankungen hat oder andere Medikamente einnimmt, die den Abbau von Paracetamol beeinflussen.
Mehr Quellen: www.deutsche-apotheker-zeitung.de; www.n-tv.de; www.tagesschau.de; www.apotheken-umschau.de
Weiterlesen: Ibuprofen: Studie warnt vor eklatanten Nebenwirkungen des Schmerzmittels.
jg
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